Insgesamt sollen 66 Bäume gefällt werden. Davon betroffen sind 53 Alleebäume sowie noch vorhandene 9 Einzelbäume einer ehemaligen Alleebepflanzung im Bereich unterhalb von Naunhof. Hier soll auch eine ca. 200 Jahre alte 2 Meter dicke Stieleiche gefällt werden, die eine sehr bedeutende Landmarke darstellt und äußerst wertvoll für die Natur ist.
In seiner Analyse zur Notwendigkeit der Baumfällungen gemäß der vorliegenden Straßenplanung vermutet Dr. Hunger, dass hier eventuell ein Problem mit der Aufgaben- bzw. Zielstellung für den Straßenbau und damit im Zusammenhang mit der Bewertung der Bedeutung der Allee vorzuliegen scheint.
Hinsichtlich des Umgangs mit den Bäumen entsteht der Eindruck, dass bei der Wahl der Gradiente der Baumerhalt nicht im Vordergrund stand, wie sich anhand der zu fällenden 53 Alleebäume zeigt. Ursache ist hier die Vergrößerung des vorhandenen Kurvenradius auf 495 m. Warum wurde das vorgesehen, war doch der vorhandene Radius nicht sehr viel geringer? Zudem weist die Richtlinie einen Mindestwert von 300 m aus, so dass die Radiuserhöhung nicht nachzuvollziehen ist.
Außerdem wird die grundsätzliche Frage gestellt, wieso es bei einem Abstand zwischen Baumreihen von 14 bis 17 m nicht möglich sein soll, die 6,5 m breite Fahrbahn zuzüglich der Bankette und eines Entwässerungsgrabens und damit ca. 12 m – wie bei der vorhandenen Straße auch – unterzubringen? Das ermöglichte ja auch der vorhandene Kurvenradius.
Bei den übrigen 9 zu fällenden verschwinden verschwinden die restlichen Merkmale der früheren Alleebepflanzung. Leider wurde die in den letzten Jahrzehnten offenbar gemäß des altersbedingten Zustands nach und nach gefällt. Eine entsprechend konsequqente Nachpflanzung blieb, von einigen Bäumen abgesehen aus.
Die entsprechenden alleerelevanten Aspekte hätten z. B. im Rahmen der Landschaftspflegerischen Begleitplanung untersucht werden können. Als Ergebnis wäre möglich gewesen, das bei der Eingriffs- /Ausgleichsstrategie zu berücksichtigen, d. h. eine alleeartige Baumbepflanzung einzuplanen. Natürlich hätte man sich dabei mit den in entsprechenden Richtlinien vorhandenen Möglichkeiten auseinandersetzen müssen, um Bäume vorzusehen, deren Abstände von den Mindestmaßen bei Straßenneubau abweichen bzw. diese unterschreiten. Mit den, als Ausgleichsmaßnahme vorgesehenen 35 Neupflanzungen geschieht das nicht, sollen sie doch in einem Abstand von 7,0 m unterhalb des Straßenabschnitts zwischen Schickelsbach und Naunhof gepflanzt werden.
Ohnehin ist nicht nachzuvollziehen ist, dass die übrigen Ausgleichsmaßnahmen – von den vorgenannten Baumpflanzungen abgesehen - teilweise an anderen Orten stattfinden sollen, anstatt diese am Objekt des Eingriffs, der Straßenverbreiterung durch zusätzliche Baumpflanzungen vorzunehmen. Natürlich ist eine Streuobstwiese ein Gewinn, aber eben nur „Ablass“ für die Vernichtung eines wertvollen Alleebestands.
All das scheint ggf. auch deshalb so zu sein, weil bisher in Sachsen allgemein dem Schutz von Alleen nicht die Bedeutung beigemessen wird, wie dies z. B. im Nachbarland Brandenburg, wo allerdings auch mehr Alleen vorhanden sind, erfolgreich praktiziert wird. Umso mehr sollten die politisch Verantwortlichen stolz sein, solch vitale Allee zu besitzen, trägt sie doch nicht nur zum Klima- und Naturschutz bei. Sie ist auch identitätsstiftend im Sinne von Heimatschutz und nicht zu vergessen, Kultur in der Landschaft. Großen Dank muss daher denjenigen ausgesprochen werden, die vor 25 Jahren diese landschaftsprägende Allee geschaffen haben.
Besonders zu kritisieren ist der Umgang mit der 200 Jahre alten Stieleiche, die es im Übrigen längst schon Wert wäre, unter Schutz gestellt zu werden. Diese zu fällen ist nicht erforderlich, weisen doch die Straßenbaurichtlinien verschiedene planerische Möglichkeiten aus, wie Baumerhalt und Straßenausbau gemeinsam durchgeführt werden können. Nur, muss das gewollt und den Planern als Ziel vorgegeben werden.
Regenwasser vor Ort versickern, anstatt abzuleiten
Ein anderer, inzwischen nicht mehr zu leugnender und bei der Straßenplanung unbedingt zu beachtendem Aspekt ist die durch die Klimaveränderung eingetretene Dauertrockenheit, mit stark gefallenen Grundwasserpegeln und extremen Verlusten an Bodenfeuchte. Sichtbar ist dies u. a. am Sterben vieler Bäume – glücklicherweise hier noch nicht - und den erheblichen Ertragsminderungen in der Landwirtschaft. Daher braucht es einen konsequenten Paradigmenwechsel im Umgang mit dem Regenwasser. Demzufolge muss dieses unbedingt vor Ort zu Versickerung gebracht werden. Ungeachtet von ggf. im mir nicht bekannten Erläuterungsbericht enthaltenen Aussagen bzw. Begründungen fällt auf, dass im vorliegenden Projekt ein aufwändiges Regenwasserableitungssystem mit Einläufen in Entwässerungsgräben sowie Fortleitung in Kanälen bis hin zu einem vorhandenen Regenwasserrückhaltebecken vorgesehen ist. Das ist, von den unnötigen Kosten abgesehen, Entwässerungsstrategie der Vergangenheit. Inzwischen weisen auch die Straßenbaurichtlinien klare Hinweise und Regelungen zur Versickerung vor Ort aus.
Daher sind Regenwassergräben nicht als Ablauf- bzw. Ableitungsvorrichtungen, sondern als Sickergräben zu gestalten. Und wenn der Kf-Wert nicht günstig sein sollte, muss eben mit Sickerpackungen, Rigolen etc. gearbeitet werden. Diese Strategie begünstigt nicht nur das Wachstum der Alleebäume, sondern bringt auch den anliegenden Äckern Nutzen. Davon abgesehen tragen die früher üblichen Regenwasserableitungssysteme trotz Rückhaltebecken etc. nicht unwesentlich zu bekannten Hochwasserereignissen in Vorflutern, d. h. Bächen und letztlich Flüssen bei. Abschließend sei angemerkt, dass die erforderliche Änderung der Planung von der allgemeinen Verbesserung des Landschaftsbildes und des Natur- und Klimaschutzes abgesehen, vor allem auch Kosteneinsparungen (Wegfall der Baumfällungen sowie Entwässerungsanlagen) im wahrscheinlich sechsstelligen Bereich bringen wird. Diese Summe sollte für zusätzliche Baumpflanzungen und somit eine Weiterentwicklung der Bockelwitz-Naundorfer Allee verwendet werden.
Für die weitere Diskussion und Überarbeitung der Planunterlagen steht Dr. Hunger gern zur Verfügung.
Quelle: Dr.-Ing Ditmar Hunger, Stellungnahme vom 13.01.2021 zur Ausbauplanung der K7545 zwischen Bockelwitz und Naunhof vom 15.07.2020